Matinée zum Abschied
"Farewell, Bernd Haberstroh!"
Mit einer "Farewell-Matinée" im Schloss Bauschlott hat sich der Sängerbund Bauschlott von seinem langjährigen Dirigenten Bernd Haberstroh verabschiedet. Über 30 Jahre hat Bernd Haberstroh die Leitung des Chores innegehabt und diese beachtliche Leistung würdigte der Sängerbund Bauschlott jetzt in einem sehr ehrenvollen Rahmen.
Zahlreiche Vereinsmitglieder und frühere Sänger waren gekommen und es mussten kurzfristig noch Stühle in den Marstall-Saal geschafft werden, damit alle Gäste einen Platz fanden. Zum Auftakt sang der Männerchor - unter der neuen Leitung von Joachim Langnickel - das von Bernd Haberstroh besonders gewünschte "Schäfers Sonntagslied" nach einem Gedicht von Ludwig Uhland. Schon damit kehrte eine ausgesprochen feierliche Stimmung in den Saal ein. In der Folge konnte das Wirken von Bernd Haberstroh kaum sinniger umschrieben werden, als mit dem Lied „Welch‘ ein Geschenk ist ein Lied“ von Reinhard Mey. Weitere einfühlsame bis beschwingte Lieder, darunter die "Mondnacht" von Robert Schumann und "Froher Sängermarsch" von Jakob Christ, umrahmten klangvoll die Abschiedsfeier.
Der Vereinsvorsitzende Werner Hofmann würdigte in seiner Ansprache Bernd Haberstroh als Chorleiter und als Mensch. Für den Vereinsvorstand war dies mehr als Grund genug, ihn nun zum Ehrendirigenten des Sängerbundes Bauschlott zu ernennen. Werner Hofmann überreichte die Urkunde und Sänger wie Vereinsmitglieder feierten "ihren" Bernd Haberstroh mit langanhaltenden „Standing Ovations“. Der abschließende Empfang bot dann noch die Gelegenheit, gemeinsame Erlebnisse Revue passieren zu lassen.
Die Ansprache von Werner Hofmann im Wortlaut:
Lieber Herr Haberstroh, liebe Frau Haberstroh, liebe Gäste!
Was haben Bill Clinton, Thomas Gottschalk und Bernd Haberstroh gemeinsam? Sie wissen es nicht? Lassen Sie sich überraschen, liebe Zuhörerinnen und Zuhörer.
Wir schreiben das Jahr 1993, genauer gesagt: Januar 1993. In Washington findet die Amtseinführung von Bill Clinton als 42. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika statt. Im gleichen Monat startet in Linz Thomas Gottschalk als dritter Moderator seine erste Sendung von „Wetten dass?“. Und in Bauschlott hält Bernd Haberstroh als 13. Dirigent des Sängerbundes Bauschlott seine erste Chorprobe.
Es ist die erste Singstunde im neuen Jahr. Voller Erwartung sitzen die Sänger in der Runde und sind gespannt auf den Neuen, Fragen bewegen sie. Was bringt er Neues? Wie wird in Zukunft die Chorprobe aussehen? Wird die Chemie zwischen Chorleiter und Sänger stimmen? Heute wissen wir mehr. 31 Jahre sind vergangen und wieder gibt es eine Zäsur. Herr Haberstroh übergibt den Dirigentenstab an seinen Nachfolger Joachim Langnickel. Und das ist heute der richtige Zeitpunkt und der richtige Ort, um in diesem schönen Ambiente auf diese 31 Jahre zurückzublicken.
Lieber Herr Haberstroh, Sie haben in dieser Zeit in unzähligen Proben unsere Stimmen geschliffen und zu einem Chorklang vereinigt. Sie bereiteten uns auf viele Auftritte bei befreundeten Chören und Sängerfesten vor und begleiteten uns als Dirigent bei unzähligen Geburtstagsständchen, aber auch bei weniger erfreulichen Anlässen - bei Beerdigungen. Die Zahl dieser Auftritte – müßig sie alle in diesen 31 Jahren zu erfassen. Etwas genauer hingesehen habe ich bei den Konzerten und in den Vereinsannalen geblättert. Sie haben mit uns 22 Konzerte eingeübt und uns bei der Aufführung die notwendige Sicherheit und musikalische Einstimmung gegeben.
Natürlich will ich jetzt nicht alle Konzerte kommentieren, doch drei Beispiele will ich besonders herausheben: Da wäre das Konzert unter dem Titel „Die Himmel rühmen", ein Konzert in der Evangelischen Kirche. Das Besondere an diesem Konzert, es wurde ein Frauen-Projekt-Chor gegründet und so erfüllte ein voluminöser Klangkörper von ca. 80 Sängerinnen und Sängern den Kirchenraum. Ein weiterer Höhepunkt in Ihrer Laufbahn war das Jubiläumskonzert anlässlich unseres 125-jährigen Vereinsjubiläums. Gemeinsam mit dem Patenschaftschor der örtlichen Friedrich-Weinbrenner-Schule und einem Bläserquartett des Bauschlotter Musikvereins war es ein gelungener Auftakt für das Vereinsjubiläum. Ein ganz besonderes Highlight war das Musical Franziskus, gemeinsam mit dem Musikverein Bauschlott. Sie übernahmen bei diesem Projekt die Leitung des Chores, welcher bestand aus den Sängern des Sängerbundes sowie einem Projektchor aus interessierten Sängerinnen und Sängern der Gemeinde. Das Musical wurde ein so großer Erfolg, dass es insgesamt vier Mal in der ausverkauften Gräfin-Rhena-Halle aufgeführt wurde.
Lieber Herr Haberstoh, liebe Besucherinnen und Besucher, eine beeindruckende Bilanz in diesen vergangenen 31 Jahren. Und doch, Sie als Dirigent nur auf Zahlen und Auftritte zu reduzieren, wäre dann doch zu kurz gesprungen. Es gibt da auch noch den Menschen Bernd Haberstroh. Um diese Seite von Ihnen zu würdigen, will ich ein bisschen ausholen. Der deutsche Philosoph Friedrich Nietzsche beginnt sein Werk „Die Geburt der Tragödie aus dem Geiste der Musik“ mit folgenden Worten: „Wir werden viel für die ästhetische Wissenschaft gewonnen haben, wenn wir nicht nur zur logischen Einsicht, sondern auch zur unmittelbaren Sicherheit der Anschauung gekommen sind, dass die Fortentwicklung der Kunst an die Duplizität des Apollinischen und des Dionysischen gebunden ist: In ähnlicher Weise, wie die Generationen von der Zweiheit der Geschlechter, bei fortwährendem Kampfe nur periodisch eintretender Versöhnung, abhängt.“
In diesem Zitat sind die griechischen Götter erwähnt: „Apollo“, der für das Vernünftige, Wissenschaftliche und Reine steht, sowie Dionysos, für das Rauschhafte, Ausschweifende und Gefühlsbetone. Nur in der Verschmelzung von beiden Prinzipien sieht Nietzsche wahre Kunst entstehen. Interessant ist, Nietzsche dachte hierbei nicht nur an die große Musik von Richard Strauß oder Richard Wagner, um nur zwei Vertreter zu nennen. Er erwähnt in dem oben genannten Werk auch die Volksmusik. In ihr sieht der Philosoph eine gelungene Verschmelzung der beiden Strömungen. Und so können wir seine Gedanken getrost auch auf unsere - ich sage mal - kleinere Kunst, unseren Gesang, herunterbrechen.
Aber warum erzähle ich das? Lieber Herr Haberstroh, ich glaube, es ist Ihnen gelungen in uns Sängern diese beiden Triebfedern der Kunst bei unseren Auftritten, bei unseren Proben, allgemein bei unserer Musik, immer wieder auf's Neue zu wecken. Die vielen Erfolge, welche wir zusammen feiern konnten, beweisen dies. Stets hatten Sie das Gespür, was Sie Ihrem Chor zumuten konnten und sollte mal ein Lied bei einer Probe nicht so richtig laufen, so besaßen Sie die Größe, es wegzulegen, um es zu einem späteren Zeitpunkt wieder aufzugreifen – mit Erfolg. Über all die Jahre hinweg haben Sie den Chor souverän geführt, ohne größere Unstimmigkeiten, und sollten einmal doch kleine Differenzen aufgetreten sein, so war stets Ihr Humor zur Stelle und erstickte solche sofort im Keime.
Um Ihre Charakterisierung abzurunden, lasse ich Sie selbst zu Wort kommen. Im Grußwort des Festbuches anlässlich unseres 125-jährigen Jubiläums schreiben Sie: „Die Erarbeitung vierstimmiger Lieder - wie wir das beim Sängerbund praktizieren - und diese Lieder dann gekonnt aufzuführen, ist immer etwas Besonderes und belohnt die Sänger für die manchmal etwas schweißtreibende Arbeit in den Proben. Etwas Eigenes zustande gebracht zu haben und dafür vom Publikum mit Applaus und Anerkennung belohnt zu werden, verstärkt unsere Motivation, diesen Weg auch zukünftig weiter zu gehen.“ Ich glaube dieses Zitat zeigt Ihre Einstellung zur Arbeit mit unserem Chor und Ihr Engagement bei der Erarbeitung unserer Lieder bzw. bei der Vorbereitung auf unsere Auftritte während der vergangenen 31 Jahre - und dem ist auch nichts mehr hinzuzufügen.
So bleibt mir nur noch, Ihnen Dank zu sagen für die gemeinsame Zeit mit Ihnen, für Ihre Geduld mit uns, für Ihren unermüdlichen Einsatz sowie Ihren ruhigen aber bestimmten Führungsstil. Herr Haberstroh, vielen Dank. Und als äußeres Zeichen unseres Dankes möchten wir Sie zu unserem Ehrendirigenten ernennen.
Nun - dankende Worte sind eine Seite. Wir wollen aber unseren Dank auch mit einem Geschenk zeigen. Und wie kann es anders sein: ein musikalisches Geschenk. Lieber Herr Haberstroh, wir lernten Sie als bodenständige Person kennen und schätzen und so haben wir uns überlegt, dies auch in unserem Geschenk zum Ausdruck zu bringen. Sie erhalten von uns einen Gutschein für die „Maulbronner Klosterkonzerte“, eine Konzertfolge verschiedener Musikrichtungen im ehrwürdigen Rahmen des Klosters Maulbronn. Ich bin sicher, Sie finden in dem Programm geeignete Aufführungen für Sie und Ihre Frau.
Apropos Ihre Frau, liebe Frau Haberstroh, auch Ihnen gilt unser Dank. Mussten Sie doch in den vergangenen Jahren immer wieder auf Ihren Mann verzichten bei der Vielzahl von Veranstaltungen, bei denen er von uns in Beschlag genommen wurde. Als kleines Zeichen unseres Dankes möchte ich Ihnen diesen Blumenstrauß überreichen.
Geehrt wurde an diesem Tag außerdem Franz Hauser für sehr beachtliche 60 Jahre Singen im Chor. Sängervorstand Peter Zimmermann hob in seiner Ansprache dessen vorbildliches Mitwirken im Männerchor hervor. Stellvertretend für Franz Hauser nahm sein Schwiegersohn Andreas Lang die Urkunde entgegen. Bilder und Laudatio: hier klicken.